Geschichte der Abwasserreinigung in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg (ab 1945)
1945–1950er Jahre: Wiederaufbau & erste Ansätze
- Nach 1945: Viele Städte und Anlagen waren durch den Krieg zerstört. Abwasser wurde häufig unbehandelt in Flüsse geleitet.
- 1950er Jahre: Beginn des Wiederaufbaus von Kläranlagen. Die Priorität lag jedoch zunächst auf Trinkwasserversorgung, nicht auf Abwasserreinigung.
1960er Jahre: Erste Umweltprobleme werden sichtbar
- 1960–1965: Starker Anstieg der Umweltbelastung durch Industrialisierung und wachsende Bevölkerung.
- 1960: Nur ca. 15 % der Abwässer in der BRD wurden biologisch gereinigt.
- Erste landesweite Diskussionen über die Verschmutzung von Flüssen (z. B. Rhein, Emscher).
1970: Start der modernen Abwasserpolitik
- 1970: Gründung des Bundesumweltamts (UBA).
- 1971: Wasserhaushaltsgesetz (WHG) wird überarbeitet – erstmals mit konkreten Anforderungen an die Abwasserbehandlung.
- Einführung der Abwasserabgabe: Wer Wasser verschmutzt, muss zahlen (Anreiz zur Reinigung).
1980er Jahre: Ausbau der Kläranlagen
- 1980–1989: Massive Investitionen in die kommunale Abwasserinfrastruktur.
- Ausbau von Kläranlagen mit mechanischer, biologischer und chemischer Reinigung.
- 1986: Reaktorunglück in Tschernobyl verstärkt Umweltbewusstsein auch im Wasserbereich.
1990er Jahre: Wiedervereinigung und Modernisierung im Osten
- 1990: Deutsche Wiedervereinigung – großer Rückstand bei Abwasseranlagen in der ehemaligen DDR.
- 1991–2000: Milliardenschwere Förderprogramme (z. B. aus dem “Gemeinschaftswerk Aufbau Ost”).
- Anpassung der ostdeutschen Infrastruktur an westdeutsche und EU-Standards.
2000er Jahre: Technologischer Fortschritt
- 2000: Inkrafttreten der EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) – Ziel: „Guter ökologischer Zustand“ aller Gewässer bis 2015 (nicht vollständig erreicht).
- Verbreitung von Verfahren zur Nährstoffelimination (z. B. Phosphat, Stickstoff).
- Erste Pilotprojekte zu 4. Reinigungsstufe (z. B. zur Entfernung von Arzneimittelrückständen).
2010er–2020er: Nachhaltigkeit und neue Herausforderungen
- 2010–heute: Zunehmender Fokus auf Mikroschadstoffe, Mikroplastik und Spurenstoffe.
- 2020: Diskussion über Pflicht zur 4. Reinigungsstufe bei Neubauten großer Kläranlagen.
- Klimawandel führt zu Anpassungen in der Abwasserbehandlung (z. B. Starkregenmanagement, Energieeffizienz).
- 2023: EU-Entwurf zur Überarbeitung der Kommunalabwasserrichtlinie – Fokus auf Verursacherprinzip und Spurenstoffbeseitigung.